Lesetipps: Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz auf die menschliche Gesellschaft

Der Kapitalismus zerstört sich selbst

Wie sieht unsere Gesellschaft aus, nachdem Artificial Intelligence in allen Bereichen unseres Lebens Einzug gehalten hat? Denkbar wäre, dass eine unglaubliche Produktionssteigerung ermöglicht wird, die dazu führt, dass niemand mehr arbeiten muss – aber auch niemand mehr arbeiten kann, weil AI die Jobs besser und günstiger erledigt als wir Menschen. Als Folge dieser Massen-Arbeitslosigkeit könnte der globale Konsum zusammenbrechen – das zumindest glaubt Jeremy Rifkin, ein umstrittener Visionär, der dieses Szenario in seinem 2014 erschienenen Buch The Zero Marginal Cost Society: The Internet of Things, The Collaborative Commons, and the Eclipse of Capitalism ausmalt. Nach seiner Vorstellung würde der Kapitalismus also als Folge extremer Effizienzsteigerung sich selbst zerstören. Die Gesellschaft würde danach durch verschwindende Grenzkosten (Zero Marginal Costs) bestimmt: das bedeutet, jeder Mensch könnte alle Güter ohne nennenswerte Kosten selbst produzieren (lassen), weil die erforderlichen Maschinen so effizient und kostensparend geworden sind. Rifkins Werk und Vorstellung wird kontrovers diskutiert und vielfach kritisiert für schwammige Konzepte und Ignorieren von anderen Konzepten, die unsere Gesellschaft prägen. (siehe Kommentar des Stanford Social Innovation Review: No Value)

Generative AI aus Sicht von McKinsey

Fundierter hingegen liest sich der 68-Seiten lange Report der Strategieberatung McKinsey The Economic Potential of Generative AI. In diesem Bericht schätzen die Autoren anhand von konkreten Beispielen ab, welche Branchen in welchen Unternehmensbereichen am stärksten (und wie stark genau) durch generative AI profitieren werden. Generative AI beschreibt Künstliche Intelligenz, die Inhalte produziert, beispielsweise Texte schreibt, Bilder malt oder Webseiten programmiert. An der Spitze der Profiteure sieht McKinsey die Softwareentwicklung sowie Marketing und Sales, während bei Strategie, Finanzen, Rechtsthemen und Unternehmensorganisation die geringsten Vorteile durch Künstliche Intelligenz gesehen werden.

Aus meiner Sicht muss gerade im Bereich Marketing und Sales der Zeithorizont der Zukunftseinschätzung eingeschränkt werden: zu Beginn des AI-Zeitalters können Unternehmen sicherlich einen Vorteil gegenüber Konkurrenten erlangen, wenn sie zuerst Generative AI im Marketing einsetzen. Doch mit zunehmender Verbreitung der Tools und Konzepte nimmt der Vorsprung immer weiter ab. Das Hauptproblem liegt aus meiner Sicht darin, dass durch besseres Marketing alleine (also ohne entsprechende Verbesserungen in Produkt- oder Preisgestaltung) die Größe des Gesamtmarkts gleich bleibt: ein Zuwachs an Kunden für das eine Unternehmen geht in der Regel einher mit einer Abnahme an Kunden bei der Konkurrenz.

Man darf sich auch fragen, ob es Zufall ist, dass ausgerechnet eine Strategieberatung zur Einschätzung kommt, dass Generative AI kaum Mehrwert in ihren eigenen Kernkompetenzen (Strategie, Finanzen, Organisationsstrukturen) bietet? Unabhängig von der Validität dieses Ergebnisses: käme McKinsey zu einem anderen Ergebnis, würden sie eingestehen, dass in Zukunft ein ähnlicher Mehrwert wie durch ihre eigenen Consultants auch durch Künstliche Intelligenz geschaffen werden könnte; sie würden sich selbst eingestehen, ersetzbar zu sein.

McKinsey benennt deutlich, dass Generative AI besonders die Gutverdiener und Akademiker betreffen wird, weil hier das Potential von Automatisierung ohne Künstliche Intelligenz vergleichsweise niedrig liegt. Außerdem beschreiben die Autoren, dass die Verbreitung der KI primär ökonomischen Interessen folgen wird und daher Industrieländer zuerst eine Transformation erleben werden, da hier das Einsparungspotenzial gut bezahlter Jobs größer ausfällt als in Entwicklungsländern.

Auswirkung der Erderhitzung: Lebensmittelknappheit und Inflation

Der Preis für Olivenöl hat sich seit Frühjahr 2020 auf mehr als das Doppelte erhöht und damit einen neuen Rekordwert erreicht. Ursache dafür ist insbesondere eine reduzierte Produktionsmenge in Spanien, dem größten Olivenproduzenten weltweit. In der Vergangenheit stellte Spanien mit etwa 8 Mio Tonnen im Jahr etwa ein Drittel der weltweiten Olivenproduktion. Doch aufgrund lang anhaltender Dürre fällt die Ölproduktion aus der Anbausaison 2022/2023 nicht einmal halb so hoch aus wie üblich. Schlimmer noch: weil auch die Blütezeit der Anbausaison 2023/2024 in die Trockenzeit fällt, wird außerdem mit großen Ernteeinbußen im kommenden Jahr gerechnet.

Die Auswirkungen der langanhaltenden Dürrezeit in Spanien kann sogar eindrucksvoll als ein Braunwerden von ehemals grünen Landstrichen auf Satellitenfotos aus dem All beobachtet werden (Bild von der NASA).

Ein Ausfall von rund 50% der Ernte des größten Produzenten ist eine enorme Auswirkung einer lang anhaltender Dürre, wie sie durch den Klimawandel regelmäßiger auch in Europa auftreten wird. Als Folge davon wird eine Verknappung bestimmter Lebensmittel und ein Preisanstieg vieler Produkte für jeden einzelnen Konsumenten spürbar werden: Olivenöl könnte bald zum Luxusgut werden.

Inflation ist also direkte Konsequenz der Klima-Erhitzung; leider wird dadurch auch die Spaltung unserer Gesellschaft verstärkt, weil arme Bevölkerungsschichten in ihrer Freiheit der Ernährungsweise eingeschränkt werden. Gleichzeitig wird deutlich, dass die Folgen des Klimawandels sich bald NICHT durch mehr Geld lösen lassen; die Knappheit an Lebensmitteln bleibt ja bestehen.

Ein Hoffnungsschimmer könnte sein, dass Lebensmittelpreise konkrete Einschränkungen jedes Konsumenten bedeuten und damit die abstrakte Gefahr des Klimawandels aus der Ferne vor die eigene Haustür geholt wird. Allerdings ist viel Kommunikation und Aufklärung nötig, die Verbindung zwischen Inflation und Klimaerwärmung in der Öffentlichkeit bekannt zu machen; ansonsten wird keine Änderung des Verhaltens oder der Einstellung zum Klimawandel geschehen.

Was wären kurzfristige Maßnahmen, um die Folgen der Dürre abzumildern? Erforderlich ist eine gesamtheitliche Wasserinfrastruktur mit konsequenterer Aufbereitung von Abwasser und strikterer Trennung zwischen Brauch- und Trinkwasser sowie eine Priorisierung der Wasserverbraucher (wie Landwirtschaft, Industrie, Kraftwerke, Privathaushalte). Im Vordergrund stehen muss auch die Verringerung von Verlusten der Wassermenge (durch Instandhaltung von Rohrsystemen oder Einsatz von Tröpfchen-Bewässerungsanlagen) und von Beeinträchtigungen der Wasserqualität (durch Überdüngung oder fehlende Klärsysteme).

Quellen

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